Wie man Pikler Elemente in der Krippe nutzen kann
Die freie Bewegungsentwicklung ist das A und O für eine autonome, selbstbestimmte und sichere Abfolge von einzelnen Bewegungsabläufen. Durch das ständige Wiederholen und Üben werden sie verinnerlicht und abgespeichert. Erst wenn ein Kind eine bestimmte Abfolge inne hat, kann es sich neuen Abläufen widmen. Durch den voran gegangenen Prozess sind Sicherheiten und Routinen entstanden, die dem Kind eine gewisse Entspannung in neuen Bewegungsabläufen ermöglichen.
Um dem Kind ein solches Lernen zu ermöglichen, braucht es Erwachsene in seiner Umgebung, die dem Kind die notwendige Zeit lassen seine Umgebung in seinem Rhythmus und auf seine eigene Art kennen zu lernen. Zu diesem Prozess gehört auch, dass es Misserfolge erleben darf oder zugelassen wird, dass es von Erhöhungen herunter fällt. Das sind wichtige Lernprozesse die durchlebt werden müssen und für die Zukunft Sicherheit und emotionale Stabilität schaffen.
Die freie Bewegungsentwicklung aktiviert darüber hinaus den Bereich im Gehirn, welcher für die Sprachentwicklung zuständig ist. Damit wollen wir nicht andeuten, dass ein Kind schneller sprechen lernt umso mehr es sich bewegt. Ein Kind, dass sich viel bewegt, erlebt viel und hat anschließend das Bedürfnis das Erlebte durch Sprache auszudrücken. Kinder, die sich wenig bewegen oder eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten haben, haben weniger Möglichkeiten durch Bewegung Spannungen abzubauen und seltener das Bedürfnis ihr Tun durch Worte auszudrücken.
Konnten wir zum Kind eine stabile Beziehung aufbauen und sind durch Beobachtung in der Lage seine Ressourcen einzuschätzen, bekommen die Kinder in der Krippe die Möglichkeit mit unterschiedlichen Höhen zu experimentieren. Das Fallen gehört zum Entdecken unterschiedlicher Höhen dazu. Auch das Spüren von Frust oder den eigenen Erfolg gehört dazu, sowie das Aufstehen und ggf. einen neuen Versuch zu wagen.
Wir nutzen verschiedene Pikler Materialien um für die Kinder einen Parcours bzw. eine Bewegungsbaustelle zu generieren. Um bei aller Bewegungsfreiheit auch einen sicheren Rahmen gewährleisten zu können, begleiten wir die Kinder anfangs engmaschiger und etablieren während dessen ein paar wichtige Regeln bei der Nutzung. Dazu gehört beispielsweise sich gegenseitig den nötigen Platz so wie die Zeit zu lassen die jeder einzelne braucht um in seinem Rhythmus sich so weit bewegen zu können wie man es schafft oder wie es sich jeder einzelne traut. Auch eine wichtige Regel lautet, von einer Ebene herunter zu springen ist erst dann möglich, wenn kein anderes Kind darunter ist oder kein sperriger Gegenstand am Boden liegt.
Grundsätzlich ist es sinnvoll, wenn beide Hände frei sind, um sich beim Fallen besser abfangen zu können. Allerdings trauen wir anhand der Kompetenzen von manchen Kindern diesen in Einzelfällen zu, mit einem Gegenstand in der Hand zu klettern.
Haben die Kinder im Spiel die Idee für eine Veränderung, können die älteren Kinder uns das mitteilen und wir „gestalten und bauen“ um. Bei jedem Bewegungsablauf hat der Erwachsenen eine entscheidende Rolle. In unserer Krippe nehmen wir Kinder weder an die Hand, noch zeigen wir ihnen auf, welche Schritte sie gehen können um an ihr Ziel zu gelangen. Wir heben Kinder bei Unsicherheit von einer Anhöhe ganz herunter, damit sie von vorne beginnen können, sofern sie das möchten.
Einige Erwachsene tendieren gerne dazu, den Kindern den Weg nach untern zu zeigen. Wir PädagogInnen tun dies nicht, denn es könnte passieren, dass wir das Kind ungewollt verunsichern oder überfordern. Vor allem wäre es dann nichts, was das Kind aus eigener Kraft heraus geschafft hätte und dadurch kann es auch nicht verinnerlicht werden.
Bringt die oben erwähnte Hilfestellung des Erwachsenen aus dessen Sicht das Kind zum „Erfolg“ ist dies leider ein Missverständnis. Denn in diesem Fall handelt es sich um ein Nachmachen oder Auswendiglernen und diese Art von Lernen, vergisst man schnell wieder. Das kennen die meisten aus der Schule 🙂