Emotionen wertschätzend begleiten

Wie wir die Emotionen der Kinder wertschätzend begleiten

Wenn wir uns mit dem oben genannten Thema auseinander setzen, dann tauchen wir in ein sehr tiefes und umfangreiches Gebiet ein. Unserer Ansicht nach sind in diesem einen Thema nämlich mehrere versteckt. Das wären zum einen die Emotionen und die Wertschätzung und zum Anderen die Begleitung. Eine ganz entscheidende Rolle spielt hierbei vor allem die Erfahrung aus unserer eigenen Kindheit und Jugend. Welche Werte wurden jedem Einzelnen von uns mit auf den Weg gegeben, wie durften wir mit unseren Emotionen umgehen oder stellt Euch doch auch einmal die Frage, ob Ihr diese überhaupt zulassen durften.

Nicht selten war es (und ist es leider immer noch) häufig so, dass gerade Gefühle wie Traurigkeit, Wut, Enttäuschung, Unbeholfen- und Hilflosigkeit, Angst und noch viele mehr, im Keim erstickt werden und mit Ablenkungen versucht werden zu kompensieren. Das hat leider nahezu toxische Auswirkungen auf unsere Psyche und unseren Körper.

Nehmen wir als Beispiel das Gefühl „Wut“. In unserer Gesellschaft wird damit falsch umgegangen. Sie schien früher schon und heute auch noch, einer ungehörigen Emotion anzugehören, die man im Alltag tunlichst vermeiden und schon gar nicht erst ausleben sollte. Unter dem Deckmantel der scheinheiligen Harmonisierung im gegenseitigen Umgang miteinander, verschönern wir Sachverhalte, mildern unsere Wut mit einem witzigen Spruch oder einem Lächeln ab, denn diese spiegelt in einer Gesellschaft wie unserer, nicht das adäquate Verhalten eines sozialisierten Menschen, wie einer, welcher sich wütend zeigt.

Man kann nicht, damit einen alle mögen, nicht wütend werden. Da ist beispielsweise eine impulsive Wut, wenn sie am liebsten zuschlagen möchten- sie scheint manchmal etwas ganz Eigenes zu sein, so schnell und mächtig kommt sie uns vor. Und dann ist da aber auch manchmal diese selbstgerechte Wut, wenn Sie Ungerechtigkeit erleben oder das Gefühl haben, dass Ihnen selbst jemand Unrecht tut oder Sie jemand unfair kritisiert oder behandelt hat.

Wenn ein Kind, ein Jugendlicher oder ein Erwachsener ständig Wut unterdrückt, führt das früher oder später zu Depressionen. Entwickelt sich aus dieser lang unterdrückten Wut, eine chronische, löst diese im Rahmen einer Depression auch die Anfälligkeit für Herz-Kreislauferkrankungen und die Schwächung des Immunsystems aus. Ursache dafür, ist der permanent anhaltende Stresslevel.

Deshalb ist es uns besonders wichtig, bereits die Kleinsten auf dem Weg ihrer Emotionen offen zu begleiten und ihnen Stück für Stück Ressourcen mit auf den Weg geben, welche sie früher oder später im passenden Augenblick anwenden können. Auf diesem Weg sind wir als Erwachsene nicht nur Begleiter, sondern auch Vorbilder. Schließlich lernen Kinder am Modell. Sie spiegeln und ahmen uns nach.

Ein Beispiel was hierfür ganz passend ist, sind Eltern die tunlichst vermeiden möchten, vor ihren Kindern zu streiten. Auf Nachfrage, was der Hintergrund dieses Gedankens sei, kommt nicht selten die Antwort: „Wir möchten einfach nicht, dass unser Kind so etwas schon mitbekommt. Mama und Papa haben sich doch lieb.“

Dadurch wird ein Thema, das zum Leben dazu gehört tabuisiert. Eine dem Kind gegenüber glücklich vorgegaukelte Welt ist nicht nur Schauspielerei, sondern strengt unheimlich an, schwächt und Eure Kinder werden dennoch die unfassbare Stimmung hinter Eurer Fassade spüren. Streiten gehört im Leben dazu. Daran wachsen wir, dabei lernen wir uns selbst und unser Gegenüber immer besser kennen, lernen wo die Grenzen sind, können unseren Gefühlen Raum geben und ihnen Ausdruck verleihen. Klar sollte an der Stelle sein, dass alles im angemessenen Maß geschieht.

Was bei uns in der Praxis und ganz egal in welchem Alter, absolute No-Go-Sätze sind, zählen wir anhand von ein paar Beispielen auf. Ein Kind fährt zügig auf seinem Laufrad, plötzlich gerät sein Laufrad beim Überwinden der Bordsteinkante ausser Kontrolle, das Kind stürzt und weint. Der Erwachsene eilt dazu, hebt das Kind auf, wischt über das aufgeschürfte Knie und versucht das Kind mit den Worten: „ist doch gar nicht schlimm“ „ ist doch nichts passiert“ „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“ zu trösten. Mal ganz im Ernst liebe Erwachsene. Wer von Euch hat den letzten Satz nicht auch schon selbst damals gehört. Haben Euch diese Indianer interessiert? Nein! Es tut einfach höllisch weh, man muss weinen, man muss vielleicht auch mal brüllen weil da zu dem Schmerz auch noch Frust und vielleicht längst überfällige Müdigkeit hinzu kommt, die das Fass dann zum Überlaufen bringt.

Passiert eine ähnliche Situation beispielsweise im Garten der Aqua Kita und eine Pädagogin kann im Idealfall die Situation ausgiebig beobachten, fallen alle oben gutgemeinten Sätze weg.

Statt dessen nähert sich die Pädagogin dem Kind oder das Kind kommt auf die Pädagogin zu. Es ist auch nicht selbstverständlich, dass das Kind von der Pädagogin auf den Schoß genommen oder gestreichelt wird. Denn das hängt von der Beziehung zu dem Kind ab und ob das Kind überhaupt soviel Körperkontakt in diesem Moment möchte. Die Pädagoginnen gehen dann in die Responsivität. Sie spiegeln dem Kind verbal, was sie beobachtet haben und äußern durch Mimik, Gestik und liebevolle Worte ihr Mitgefühl. Sie fragen auch beispielsweise ob und was das Kind jetzt braucht, was ihm gut tun würde. Natürlich immer in Abhängigkeit des Entwicklungsstandes und Alters des Kindes.

Einem 9 Monate alten Kleinkind die Frage zu stellen, was es jetzt bräuchte und auf eine verbale  Antwort zu hoffen, wäre unangebracht, hier muss sich die Pädagogin auf ihr Gegenüber einstellen. In diesem Alter ist es von Vorteil, wenn die Beziehung zwischen der Pädagogin und dem Kind bereits etwas inniger ist, weil die Pädagogin dann Signale, Laute, Mimik und Gestik des Kindes entsprechend deuten und darauf reagieren kann. Selbst die Nuancen des Weinens kann sie dann differenzieren.

Ein anderes Beispiel in welchem es zwar nicht um Verletzungen durch Unfälle geht, jedoch den Alltag in der Krippe mitbestimmt, ist das Teilen. Nicht alle, dennoch viele von uns wurden mit dem Wert großgezogen: „Teilt immer schön miteinander und seid lieb zu einander.“ Sich um etwas streiten und raufen zu können, wurde im Keim vom Erwachsenen erstickt. Als Kind entschuldigten wir uns für Handlungen, weil es jemand so wollte, aber weder weil wir den Sinn einer Entschuldigung verstanden, noch weil wir es mit der Wut im Bauch die immer noch da war, freiwillig ausgesprochen hätten. Und was blieb? Genau die Wut!

Wenn sich beispielsweise Kinder bei uns um einen Gegenstand streiten, sind Sätze wie: „Na das ist aber nicht schön von Dir.“ „Du wirst ja wohl ein paar Steine abgeben können, schließlich sind die für alle Kinder da.“ „Das ist aber ganz schön egoistisch von Dir.“ „Jetzt kann xxx gar nicht mit den Legos spielen, das finde ich nicht in Ordnung.“ „Wenn Du keine Legosteine abgibst, dann musst Du später beim Mittagessen auch warten bis Du dran kommst.“

Stattdessen beobachten die Pädagoginnen vorerst an dieser Stelle. Das Beobachten ist deshalb so wichtig, damit sie, wenn die Situation grenzüberschreitend wird, mit den Kindern besprechen kann was sie gesehen und beobachtet hat. Sie kann durch die vorherige Beobachtung vermeiden, falsche Schlussfolgerungen auf die Ausgangslage eines Konfliktes ziehen.

Jedes Kind hat bei uns das Recht darauf, einen oder mehrere gleiche Gegenstände bei sich zu behalten. Wenn es beispielsweise die komplette Kiste mit den Legosteinen gerade für sich beansprucht und niemand anderes da mit hinein fassen darf, dann ist das in Ordnung. Das Kind darf lernen seine Grenzen zu spüren, zu äußern oder zu zeigen.

Sein Gegenüber lernt dabei, wie es sich anfühlt, eine Grenze gesetzt zu bekommen, wie es sich anfühlt, das jetzt aushalten zu müssen oder das Gefühl zu verspüren darum kämpfen zu wollen oder sich Alternativen zu suchen.

Hier könnte die Pädagogin auch eine zweite Kiste mit Legosteinen nach geraumer Zeit zur Verfügung stellen. Jedoch nicht mit dem Hintergrund, dass es bloß nicht zum Streit zwischen den Kindern kommt.

Sie müssen nicht teilen. Das tun sie freiwillig, wenn sie bereit dazu sind.

Während Eltern die Eingewöhnungen bei uns begleiten und noch mit im Raum dabei sind, werden sie zwar in einem Eingewöhnungsgespräch vorher genau darüber instruiert, wie die Verhaltensregeln für sie aussehen und doch rutscht dem ein oder anderen Elternteil an mancher Stelle heraus: „Aber sowas macht man wirklich nicht, das ist nicht schön. Guck mal jetzt ist xxx ganz traurig und weint.“

Gerade Kleinkinder wachsen in diese Gesellschaft und in die Dynamik einer Gruppe hinein. Sie wissen nicht was sie mit ihrem Verhalten bewirken. Das kommt erst mit der Zeit. Sie verknüpfen den Schmerz oder das Weinen eines anderen Kindes nicht sofort mit ihrem vorherigen Handeln. Beispiel: Ein Kind schubst ein anderes Kind, dieses fällt hin und weint. Wir möchten verstehen, worum es in der Situation geht. Wir müssen überlegen, welche vorangegangenen Situationen vielleicht noch präsent sein könnten, wie die Umstände gerade bei jedem einzelnen Kind sind.

Daher sind auch Situationen welche Eltern in der Bring-und Abholzeit zwischen Kindern flüchtig mitbekommen, eher subjektiv zu betrachten. Sie spiegeln nicht alles und schon gar nicht was vorausging.

Bei den Kindern im Vorschul- und Schulalter kann man bei der Klärung eines Konfliktes oder bei aufgebrachter Stimmung die Fragen erweitern und ruhig etwas fordernder fragen. Beispielsweise fragen wir: „Worum ging es Dir?“ „Was brauchst Du jetzt von xxx?“ „ Was hast Du als Nächstes vor?“ „Wie könntest Du Deine Aufforderung klarer formulieren?“

Beispiel für letzteres wäre, dass ein Kind vom anderen Kind möchte, dass es aufhört, in sein Heft zu kritzeln. Das Kind äußert jedoch lediglich: „Hör auf!“ Hierbei kann die Pädagogin fragen: „Mit was soll xxx aufhören?“ „Was genau soll xxx tun?“

Sätze wie z.B. „Ok das radierst Du ihm jetzt aus seinem Heft, vorher brauchst Du gar nicht meinen, dass Du früher zum Spielen raus kommst.“ „Das Heft bezahlst Du von Deinem Taschengeld.“ „Muss das sein?“ „Sag doch was Du von ihm willst, statt herum zu jammern.“

Als letztes Beispiel möchten wir noch die Bringsituation im Kindergarten und in der Krippe aufgreifen. Immer wieder können wir beobachten, dass es Kindern, die schon länger in der Einrichtung sind, auch längere Zeit am Stück schwer fällt, sich von ihrem geliebten Elternteil zu trennen. Sie halten sich an ihm fest, weinen, brüllen und zappeln. Eine Situation die für niemanden angenehm ist.

Doch wir hören von manchen Eltern Sätze, wie z.B. „Ist doch gut, alles gut, wir sehen uns doch später wieder.“ „Du bist doch schon groß, schau mal xxx und xxx sind auch schon da.“ „da musst Du doch nicht mehr weinen, das haben wir doch jetzt schon so oft gehabt.“ „Wenn ich Dich heute abgeholt habe, gibt’s auch ein Eis, versprochen, aber jetzt schön lieb sein.“

Bitte versucht solche Sätze aus Eurem Vokabular zu streichen. Sie führen zu nichts. Eure Kinder brauchen Euch. Und ja, es ist Fakt, dass nicht sie sich für die Krippe oder für den Kindergarten entschieden, sondern Ihr! Also ist es, wenn auch unbewusst und unbeabsichtigt, ein Stück weit übergriffig, die Emotionen des Kindes in diesem Augenblick zu besänftigen und zu übergehen.

Wir sind in den Verabschiedungssituationen gerne für Euch da und begleiten diese behutsam mit. Eure Kinder dürfen weinen, sie dürfen schreien und sie dürfen die Trennung von Euch in diesem Moment auch schmerzhaft empfinden. Für Euer Kind fühlt sich diese Trennung intensiver an, Euer Kind durchläuft verschiedene Entwicklungsschritte.

Dabei gehört auch dazu, dass es unterschiedliche Gefühle sowie Umgänge mit Verabschiedungen und dem Bedürfnis nach Eurer Nähe durchlebt. Ihr könnt stattdessen auf Euer Kind eingehen und z.B. sagen: „ich spüre dass Du Dich an mich klammerst und ich glaube die Trennungen fallen Dir gerade echt nicht leicht, aber ich verabschiede mich dennoch. Mir fällt es auch nicht so ganz einfach, wir sehen uns heute Nachmittag wieder.“

Hin und wieder hilft es auch, mit einer Pädagogin kurz in den Austausch zu gehen, wenn die Verabschiedung vorüber ist, um zu erfahren wie es dem Kind mittlerweile geht und ob die Pädagogin den Eindruck hat, dass der komplette Tag für das Kind zu bewältigen ist oder ob es ihm ggf. gut tun würde, ein paar Stunden früher abgeholt zu werden.

Gerne sind wir im Rahmen von Bedarfsgesprächen für Euch da, wenn es darum geht, wie Ihr die Emotionen und Gefühle Eurer Kinder wertschätzend begleiten könnt. Scheut Euch nicht davor, uns darauf einfach anzusprechen

Konflikte beobachten und achtsam begleiten

Zu einem Zusammensein in einer Partnerschaft oder in einer anderen Gemeinschaftsform, gehören Konflikte einfach dazu. Jeder streitet! Mit jedem und fast überall. Ob es Erwachsene und Kinder sind, ob es in einer Partnerschaft ist, im Beruf oder mit Freunden, Verwandten oder mit Menschen die man gar nicht kennt.

Mit den folgenden Inhalten möchte ich ein paar positive Seiten des Streitens aufzeigen und Euren Blick sowie Eure Haltung im Bezug auf Konflikte sensibilisieren. Meine Quellen findet ihr am Ende, da ich über meine Berufserfahrung und Fachwissen hinaus noch vieles recherchiert habe.

Beginnen wir mit ein paar „alten Kamellen“:
„ne wir haben das noch nicht geklärt“
„ich habe aber grade keinen Bock mich zu vertragen, weil ich sauer bin“
„Schwester hin oder her, ich find sie aber gerade doof“
„Hat Dich jemand gefragt? Halt Dich raus“

„Ihr seid solche Zicken, das nervt echt!“
„Du musst ja nicht dabei sein“
„Dann hör doch weg“
„Du hast überhaupt keine Ahnung was los ist, also spare Dir deinen Kommentar“
„Ja, Eltern die sich einmischen, nerven auch“
„Und jetzt erst recht“
„Sag sofort Entschuldigung, das ist Dein Opa, du kannst doch nicht solche Sachen zu ihm sagen.“
„Haltet Euch einfach raus“
„oh je jetzt kommt der Spruch wieder…“
„Ich sage was ich denke“
„Ach ich darf nicht wütend werden, aber mein Opa schon?“
„Es tut mir aber nicht leid, wofür dann entschuldigen?“
 „Du bist ganz schön frech! Da bist Du schon einmal zu Besuch bei uns und dann streitest Du Dich auch noch, Du Dickkopf!“
„jup, und wieder war ja klar, dass der Kommentar nicht fehlen durfte“
„bla bla bla, ich bin ein Dickkopf und ich bin frech, lasst mich einfach alle in Ruhe“
„Warum besuche ich die überhaupt noch?“
„Hier will mich niemand verstehen“
„Ihr geht mir alle so auf die Nerven“
„Hört auf zu streiten, das gehört sich nicht, ihr seid doch Geschwister, seid jetzt wieder gut zueinander“
„oh das macht man aber nicht, mach mal schnell ei ei beim Papa, sonst ist er ganz traurig“
„Ich weis zwar nicht was ich verbrochen habe, aber den Papa traurig machen will ich nicht. Ich bin aber grade müde und ungeduldig, Ei Ei, geht grade nicht. Wieso verstehen die Erwachsenen mich einfach nicht?“

Wer kennt diese oder ähnliche Sätze nicht auch aus seiner eigenen Kindheit, Jugend oder dem Erwachsenenalter? Häufig wiederholen Erwachsene Sätze, die sie selbst im Kindesalter hörten, wenn sich Kinder in ihrer Gegenwart streiten.

Warum? Weil ihnen im frühen Kindesalter beigebracht wurde, dass Streiten etwas negativ behaftetes, unschönes ist. Etwas das man nicht tut und schnellstens wieder bereinigt werden sollte. Darum fühlt sich auch so manch Erwachsener selbst unwohl, wenn er sich in der Gegenwart von streitenden Kindern befindet oder eine Auseinandersetzung beobachtet.

Häufig sind Kinder meist viel emotionaler und in stärkere Auseinandersetzungen bei Konflikten verwickelt als Erwachsene. Sie werden schneller laut, weinen mehr, schreien, zanken, verletzen sich oder finden keine Worte mehr. Dennoch sind sie zu 100% authentisch, ehrlich und grade heraus. Und wir sollten sie darin unterstützen, ihre (alle) Emotionen zeigen zu dürfen, sie in angemessener Form zu äußern, sowie einen geeigneten Rahmen dafür zu bekommen. Beispielsweise hat das Gefühl „Wut“ ebenso viel Berechtigung wie „Freude“. Hält jedoch jemand vor lauter Wut einen Hocker mit erhobenen Armen über sich und brüllt, dann endet meiner Meinung nach die Bedürfnisorientierung und die Wut muss in angemessener Form ausgelassen werden. Nach geeigneten Möglichkeiten kann man auch gemeinsam mit dem Kind suchen.

Pädagogen greifen häufig zu vorschnell ein oder mischen sich in Angelegenheiten ein, welche die Kinder vielleicht selbst hätten lösen können, wenn sie die Zeit dazu bekommen hätten. Dadurch nehmen jedoch die Fachkräfte den Kindern die Erfahrung selbst herauszufinden, welche Optionen sie gehabt hätten, um den Konflikt besser auszuhalten oder vielleicht zu lösen. Selten tragen die Lösungsansätze der Erwachsenen dazu bei, dass so ein Streit unter Kindern tatsächlich direkt gelöst wird. Manchmal scheint es nämlich nur so, als wäre der Streit beendet, weil sich die Kinder an die Anweisungen der Fachkraft halten. Wenige Minuten später wird der Streit fortgesetzt.

Das hat zum einen damit zu tun, dass Regeln, die nicht im Zusammenhang mit dem Anliegen oder den Gefühlen der Kinder stehen, auch nichts mit dem Konflikt zu tun haben. Zum anderen ist das Einmischen der Fachkraft nicht unbedingt nur wertvoll, sondern eine kurze Unterbrechung, manche Kinder sind vielleicht aufmerksam, andere sind so aufgebracht, dass sie die Worte der Fachkraft überhaupt nicht erreichen.

Richtiges Konfliktverhalten braucht Zeit und muss geübt werden können. Das ist eine Kompetenz, ebenso wie andere Fähigkeiten, welche ein Mensch im Leben erlernt. Es ist daher wichtig, dass diese Kompetenzen bereits in früher Kindheit erfahren und geübt werden dürfen.

Gerade weil Streiten und Konflikte in der Sozialisierung von Erwachsenen als etwas Unangenehmes dargestellt wurden, müssen Fachkräfte umso mehr ihre eigene Einstellung zu Konflikten ändern und lernen, konstruktiv mit Konflikten umzugehen. Das unterstützt sie dabei, Kinder in ihren gegenseitigen Auseinandersetzungen, professioneller zu begleiten und in ihren sozial-emotionalen Fähigkeiten zu unterstützen.

Eine Möglichkeit, um eigene Konfliktkompetenzen zu reflektieren und Eure Grundhaltung zum Streiten zu verändern ist, die Arbeit im Team. Ein regelmäßiger Austausch über bestimmte Situationen in denen Ihr Euch vielleicht hilflos, genervt, gehemmt, ungeduldig etc. fühlt, ist aus meiner Erfahrung heraus, unterstützend. Allein deshalb, weil ich persönlich feststellte, dass es nicht nur mir so geht. Ich konnte mir Tipps von meinem Team holen und gleichzeitig Verständnis bei meinem Team spüren und es ließ uns mehr zusammen wachsen.

Was einen ebenso hohen Stellenwert hat, ist die Beachtung Eurer eigenen Bedürfnisse. Häufig finden sie keine Beachtung im Alltag. „Da muss ich jetzt wohl durch, ist ja mein Job“
„Ich kann nicht mehr, aber das hilft jetzt alles nichts“
Wenn Ihr spürt, dass Ihr an den Punkt kommt, wo Ihr der Meinung seid, Ihr verkraftet nicht noch eine weitere Konfliktbegleitung, dann haltet einmal kurz inne und denkt darüber nach, was Ihr in diesem Moment tut. Übergeht Ihr Euch selbst und begleitet einen weiteren Konflikt oder holt Ihr Euch Hilfe bei Euren KollegInnen? Wir raten euch offen zu sprechen und euch aktiv um eure Gesunderhaltung zu bemühen.

Was sind die positiven Aspekte in zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen?

Erstes sorgt auf Kurz oder Lang dafür, dass Ihr Eure Gesundheit beeinträchtigt!

Was sind die positiven Aspekte in zwischenmenschlichen Auseinandersetzungen?

  1. Du lernst Dein Gegenüber und Dich besser kennen
  2. Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse können in Worte gefasst werden
  3. Probleme können angesprochen und vielleicht sogar gelöst werden
  4. Es kann Weiterentwicklung stattfinden
  5. Es ergeben sich Veränderungen. Manche, die längst überfällig waren

Ein Konflikt forciert stets Entwicklung. Durch ihn werden Missverständnisse, Bedürfnisse, Veränderungen zum Vorschein gebracht. Voraussetzung dafür ist jedoch ein konstruktives Streiten. Meist ist nämlich nicht der Konflikt das Problem, sondern die Art und Weise wie wir damit umgehen.

Was bedeutet Konfliktkompetenz eigentlich?

Betrachtet es als ein Sammelsurium an Fähigkeiten, durch die jemand erfolgreich mit Konflikten auf konstruktive und selbst organisierte Weise umzugehen weiß.

Welche Fähigkeiten braucht man dazu?

  1. Konfliktbereitschaft – Konflikte überhaupt zulassen können, konstruktiv austragen zu können und als Chance zur Verbesserung zu betrachten.
  2. Konfliktwissen- Ein Wissen über verschiedene Konfliktursachen, Arten und Phasen haben. (Sachkonflikt, Beziehungskonflikt, Interessenkonflikt, Strukturkonflikt, Wertekonflikt)
  3. Standpunkt einnehmen- sich trauen „nein“ zu sagen, ein Bewusstsein für die eigene Meinung entwickeln, um im Anschluss argumentieren zu können
  4. Argumentieren können- sich Zeit nehmen, um seine Wahrnehmungen und Gedanken in Worte zu formulieren, positive „Ich-Botschaften“ zur Deeskalation anwenden
  5. Aktives Zuhören- Richtig dem Gegenüber zuhören, um so gut wie möglich zu verstehen, paraphrasieren, um festzustellen, ob man alles richtig verstanden hat, sich in sein Gegenüber hineinversetzen können
  6. Fehler zugeben können- das eigene Verhalten reflektieren, eigenes Fehlverhalten erkennen und ansprechen zu können
  7. Wählen der passenden Streitform- siehe unterschiedliche Streitformen.

Welche Streitformen gibt es eigentlich?

  1. „Ich warte ab und flüchte“
    Dabei werden die Interessen aller Beteiligten eher als gering eingeschätzt
  2. „Ich kämpfe und siege“
    Die eigenen Interessen und Bedürfnisse werden als sehr hoch, die der anderen hingegen als eher weniger bedeutend erachtet
  3. „Ich unterwerfe mich lieber“
    Die Interessen der anderen werden als hoch angesehen und die eigenen hingegen als niedriger betrachtet
  4. „Ich schließe einen Kompromiss“
    Die Interessen und Bedürfnisse aller Beteiligten werden als gleichwichtig betrachtet
  5. „Ich finde einen Konsens mit meinem Gegenüber“
    Die Interessen aller Beteiligten werden als wichtig erachtet, jedoch werden im Gegensatz zur Kompromissfindung, gemeinsam Ideen entwickelt womit alle Beteiligten einverstanden sind.

Schlussendlich wird sichtbar, dass eine Kompetenz für Konflikte sehr vielseitig ist. Voraussetzung ist außerdem eine wertschätzende Haltung, gekoppelt mit einer gehörigen Prise Sozialkompetenz. In alltäglichen Begegnungen mit den Kindern, mit Kollegen oder im privaten Umfeld, könnt ihr üben und anschließend in die Reflexion gehen.

Anlässe für Konflikte

  1. Aushandeln um Sachen (meins oder deins)
  2. Kinder müssen oft erst lernen „Mein“ und „Dein“ zu unterscheiden. Sie meinen oft: Womit sie spielen, gehört ihnen. Was andere haben, sollte auch ihnen gehören. Eigentum wird vehement verteidigt
  3. Eroberung des eigenen Reviers
  4. Der eigene Bereich wird verteidigt oder es wird versucht das Gebiet des anderen zu erobern
  5. Um Aufmerksamkeit und Anerkennung von Erwachsenen oder Spielpartnern und Freunden zu erlangen
  6. Aufgestauter Ärger wird am nächst Besten ausgelassen, meist weil das Kind auf sich selbst, auf andere oder auf etwas sauer ist
  7. Sich selbst groß und stark fühlen
  8. Besonders, wenn es um Streit zwischen größeren und kleineren Kindern geht, kommt es oft vor, dass sich das „Größere“ durch den Streit „aufbaut“ – auf Kosten des Kleineren
  9. Um Regeln einbringen zu können (das darfst du nicht, du musst aber…), eigene (Spiel-)Ideen oder Erklärungen vorzuschlagen und mit anderen Kindern abzugleichen oder um deren Bedeutung zu ringen
  10. Rollen und Rechte aushandeln, seine Positionen suchen, Rangfolgen bestimmen (…da sitze ich…)
  11. Aus Versehen, Langeweile oder mit Absicht Konflikte provozieren (…wir haben doch nur Spaß gemacht…; …endlich ist was los…)

Konflikte von Kindern begleiten

Vorrangig möchte ich erwähnen, dass Fachwissen, so wie die tägliche Praxiserfahrung differenziert in der Umsetzung zu betrachten und anzuwenden ist. Beispielsweise gestaltet sich die Konfliktbegleitung zwischen Kleinkindern ganz anders als die zwischen Kindergartenkindern, Schulkindern, Jugendlichen oder Erwachsenen. Noch individueller betrachtet, richtet sich die Konfliktbegleitung nicht nur nach dem Alter eines Menschen, sondern bringt viel mehr entscheidende Faktoren mit sich. Einige Beispiele möchte ich hier noch einmal kurz erläutern, welche wir bereits gemeinsam in der Teamsitzung besprochen haben.

Die Frage nach dem
„wen habe ich vor mir?“
„wie ist meine Beziehung zu meinem Gegenüber?“
„was weis ich über die Konfliktkultur zuhause?“
„was habe ich beobachtet?“
„wie geht es mir selbst?“
„welche Ressourcen kann ich erkennen oder vermitteln?“
„wie steht es um meine eigenen Ressourcen?“
„habe ich den passenden Rahmen?“
„würde sich ein anderer Raum besser eignen?“
„lohnt es überhaupt gerade zu sprechen, oder sollte ich den Emotionen zunächst Raum geben und erst wenn sich die Gemüter beruhigt haben, Fragen stellen?“
„kann ich offene Fragen formulieren?“

Fundiertes Fachwissen und Praxiserfahrung zu kindlichem Konfliktverhalten, sowie zur qualitativen Begleitung, verleiht eine entsprechende Sicherheit und Ruhe. Das überträgt sich unweigerlich auf die Kinder.

Durch Konfrontationen lernen Kinder andere Sichtweisen kennen und erfahren prosoziales Verhalten. Soziale Werte werden Ihnen dadurch ebenso mit auf den Weg gegeben. Kinder haben die unterschiedlichsten Gründe miteinander zu streiten. Damit der Pädagoge sein Handeln passend ausrichten kann, muss er zunächst die Streitursache erkennen. Schaut auch genau hin, ob Ihr überhaupt eingreifen müsst. Beobachtet gut, ob es tatsächlich immer die Grenzen der anderen sind, die augenscheinlich übergangen werden oder ob es sich vielleicht um Eure eigenen handelt. Wenn Ihr das unterscheiden könnt, seid Ihr gut im Selbstreflektieren und könnt das dann auch den Kindern gegenüber so formulieren.

Beispielsweise „Ich muss mich jetzt einmischen, weil ich merke, dass meine Grenze überschritten ist, wenn ich sehe, wie fest Du ihr an den Haaren ziehst.“

Oder „Ich beobachte Euch beide jetzt seit 5 Minuten und immer wieder stelle ich fest, dass Du an ihm vorbeiläufst und seinen Turm umschubst, obwohl er gerade so vertieft in seinem Spiel ist. Er kann es auch gerade nicht äußern, aber schau mal seine Unterlippe schiebt er ganz weit vor und seine Augen sind ganz glasig. Ich würde Dich bitten, dass Du Dir einen eigenen Turm baust, den kannst Du dann jederzeit einstürzen lassen, umschubsen, wie Dir beliebt, aber hier sage ich jetzt stopp.

Was können denn Motive für Konflikte unter Kindern sein?

1.          Ein unterbrochenes Spiel

2.          Neugierde/Exploration

3.          Bedürfnisse

4.          Besitz

5.          Hierarchie

6.          Eifersucht

7.          Verletzungen psychisch als auch physisch

8.          Interessenskonflikte

9.          Nähe/Distanz Begegnungen

10.        Missachtete Grenzen

11.        Missverständnisse

12.        In der Fremdbetreuung-Veränderung der Gruppendynamik

13.        Überforderung

Ein paar Beispiele zur Unterstützung in Konfliktsituationen

Je jünger die Kinder sind und sich sprachlich noch nicht so gut ausdrücken können, umso wichtiger ist ihnen eine Sprache zu geben und vorhandene Probleme beim Namen zu nennen. Wenn ich euch so zuhöre, merke ich, dass es wirklich nicht so einfach ist einen Zoo und einen Bauernhof zu bauen, wenn nur eine Kuh und ein Pferd da sind. Das ist ein Problem, das wir lösen können.“

Streit ernst nehmen und aufgreifen. „Ich glaube es gibt da ein Problem, denn ihr streitet miteinander und habt aufgehört zu spielen.“

Kinder in ihren aufgebrachten Gefühlen einmal annehmen und unterstützen bzw. trösten.

Jedem Kind zuhören „Mich würde interessieren, wie du das siehst…und dann der andere“. Hört Euch dabei immer alle Seiten an.

Ergreift nicht Partei, sondern teilt den Kindern mit, dass Ihr versucht zu verstehen, worum es ihnen geht.

Wenn Ihr von Kindern zu Hilfe gebeten werdet, erkundigt Euch vorerst, was die Kinder von Euch erwarten, was Ihr tun sollt, wie Ihr helfen könntet.

Überlegt gemeinsam mit den Kindern, welche Alternativen es gibt. Fragt die Kinder, was sie schon ausprobiert haben und welche Ideen sie haben, wie das Problem gelöst werden könnte. Wenn die Kinder selbst noch keine Lösung finden, können 3 bis 4 Lösungen von den Erwachsenen vorgeschlagen werden. Vor allem bei Jugendlichen, sollte man aber mit Vorschlägen abwarten und die eigenen Lösungen eher anregen z.B. indem man sie aufmerksam macht, wo es denn schon mal gut geklappt hat etc.

Gemeinsam die momentan beste Lösung auswählen und die Umsetzung besprechen. Auch hier solltet Ihr die betroffenen Kinder fragen, ob sie mit dieser Lösung einverstanden sind. Ihr Einverständnis kann sich natürlich insoweit abgeholt werden, so lange der Rahmen eine Wahlmöglichkeit zulässt.

Sich freuen, wenn es geklappt hat und den Kindern spiegeln, dass sie Probleme lösen können. Das kann sie bestärken.

Bewährt sich die Lösung nicht, solltet Ihr Euch nochmals zusammensetzen und weiter überlegen, welche Möglichkeiten es noch gibt. Oft entlasten diese Gedankenpausen schon die Situation.

Vorbildwirkung: Eltern sind Vorbilder ihrer Kinder. Wie gehen sie selbst mit Konflikten um? Werden diese angesprochen oder „totgeschwiegen“? Welche Streitkultur haben wir innerhalb der Familie? Wieviel Raum gibt es zur Konfliktbewältigung? Wie wichtig nehmen wir selbst unsere Bedürfnisse und Wünsche? Was können sich unsere Kinder zu diesem Thema von uns abschauen?

Streiten will gelernt sein. Eltern sollten und können nicht jeden Streit verhindern. Ein Kind, das nicht streitet, lernt nicht, sich durchzusetzen und nach fairen Regeln zu handeln. Streit und Wettstreit sind Elemente der Entwicklung. Sie dienen dazu, die eigenen Kräfte und Möglichkeiten einzuschätzen.

Diese Vorgangsweisen sind in einfacher Form schon bei Kleinkindern möglich, müssen aber nicht immer gemacht werden. Langfristig helfen sie jedoch den Kindern in der Entwicklung von Eigenständigkeit und Konfliktfähigkeit und entlasten so auch die Eltern.

Kinder sollen lernen, Konflikte auszutragen, sich durchzusetzen und nachzugeben. Konflikte gehören zum Alltag und sind eine Möglichkeit, die eigenen Grenzen und die Grenzen anderer kennen und respektieren zu lernen.

Quellenangaben:
Eltern-Bildung

Hörbuch Aggression

Hörbuch Dein kompetentes Kind

Hörbuch Nein aus Liebe

FamilyLab Konflikte zwischen Kindern

Jesper Juul Sensibel

Experteninterview im Rahmen der Erzieherausbildung

Julia machte ihre Ausbildung zur Erzieherin. Im Rahmen der Erzieherausbildung „OptiPrax“ sollte sie ein Experteninterview führen. Sie suchte nach geeigneten Einrichtungen und findet eine mit einem Schwimmbad. Da sie selbst gerne schwimmt und bereits junge Menschen im Wasser trainiert fragt sie bei der Aqua Kita nach und wir vereinbaren einen Termin.

Das Interview ist großartig vorbereitet. Wir tauschen viele Informationen aus und haben einiges zu lachen. Nachhaltig hat Julia uns beeindruckt und so fragte ich, ob wir das Interview nicht im Rahmen unseres Blogs veröffentlichen können. Es wäre eine Möglichkeit viele Fragen von interessierten Familien kompakt zu beantworten und vielleicht auch Orientierung bei der Berufswahl zu bieten. Trotz Prüfungsstress bereitete Julia nicht nur das Referat für die GGSD vor, sondern schrieb auch noch den Beitrag.

Ihren Beitrag „Was macht eigentlich eine Aqua-Kita“ für die Schule findet ihr auf der Seite der GGSD.

Nun folgt Julias Beitrag:

Ich werde Erzieherin – Mein Weg zum Experteninterview
Hallo liebe Leserinnen und Leser, ich möchte mich kurz vorstellen.
Mein Name ist Julia, ich bin 22 Jahre alt. Meinen Krippeneltern hier in der Aqua – Kita bin ich mittlerweile als Erzieherin bekannt. Vor noch nicht allzu langer Zeit, besuchte ich die Fachakademie in Nürnberg Langwasser. Ich absolviere dort die Ausbildung zur Erzieherin. Dadurch, dass ich mein Abitur im Jahr 2018 bestand, hatte ich die Möglichkeit meine Erzieherausbildung im Rahmen des OptiPrax – Modellversuchs, im September 2018 zu starten und somit war ich meinem Traum, Erzieherin zu werden, ein Stück näher.

Vielleicht fragt ihr euch nun, was OptiPrax überhaupt bedeutet und warum ich mit einem Abitur eine Erzieherausbildung startete und wieso dieser Beitrag hier auf der Aqua – Kita Seite steht. Wenn ihr Lust habt, mehr über mich, meine Ausbildung, meine Schule und über das Interview, das ich mit Susanne Fischer und der Einrichtungsleitung geführt habe, zu erfahren, dann klickt euch doch einfach mal durch! Ich würde mich freuen!

Was könnt ihr euch unter dem Begriff „OptiPrax“ vorstellen?

Wie ihr vielleicht wisst, fehlen uns sehr viele Erzieher in ganz Bayern und auch in den anderen Bundesländern sieht es teilweise nicht besser aus. Deshalb startete Bayern mit dem Schuljahr 2016/2017 den Modellversuch OptiPrax. Dies bedeutet nichts anderes als eine Erzieherausbildung mit optimierten Praxisphasen. Das Kultusministerium versuchte damit eine neue Möglichkeit zu erschaffen, den Beruf des Erziehers durch mehrere Komponenten attraktiver zu gestalten, um damit auch andere Bewerbergruppen zum Beispiel Männern, Fach- / Abiturienten oder Quereinsteiger für die Ausbildung zu gewinnen. Der Unterschied zur bisherigen Ausbildung ist zum einen, dass die Dauer der Ausbildungszeit verkürzt wird und zum anderen, dass die Auszubildenden, während der ganzen Zeit, Ausbildungsgehalt erhalten. Das Besondere ist weiterhin, dass man sich vor dem Start einen Träger suchen muss, der die Beschäftigung und Bezahlung über die komplette Ausbildungszeit übernimmt. Auch soll im Rahmen von OptiPrax, die Praxis in die theoretische Ausbildung integriert werden, was heißt, dass sehr viel Wert auf die Praxisphasen in den Einrichtungen gelegt wird. Die Dauer der Ausbildung hängt nun davon ab, welcher Schulabschluss vorhanden ist, oder was man davor gearbeitet hat. Diese Ausbildungsvariante OptiPrax soll die bestehende Ausbildungsart nicht ersetzen, sondern neben der bestehenden integriert sein und andere Bewerbergruppen ansprechen.

Wieso habe ich mich trotz eines Abiturs für die Erzieherausbildung entschieden?

Im Kindergarten sagte ich vor circa 16 Jahren zu meiner damaligen Erzieherin: „Wenn ich groß bin, möchte ich so sein wie Du!“ Meine Mama erzählt mir oft, dass ich sie damals sehr bewundert habe, mich großartig um meine jüngere Schwester kümmerte und gerne mit den jüngeren Kindern aus meiner Nachbarschaft spielte. Als ich älter wurde, trat ich meinem Schwimmverein bei, indem ich mittlerweile nicht nur Jugendtrainerin, sondern auch Ju-gendleiterin der Ortsgruppe bin. Ich absolvierte meine Praktika am Gymnasium in meinem altem Kindergarten. In der zehnten Klasse merkte ich: Ich will unbedingt Erzieherin werden!
Bei Äußerung meines Berufswunsches bekam ich oft zu hören: „Warum Erzieherin? Du wirst ein Abitur machen, da kannst du so viel anderes erreichen!“ oder „Bist du dir wirklich sicher? Dann müsstest du doch das Abitur gar nicht machen und hättest dich nicht durch das Gymnasium quälen müssen!“ Diese Aussagen trafen mich damals sehr. Denn ich hatte keinen größeren Wunsch, als nach meinem Abitur als Erzieherin mit Kindern zu arbeiten.
Doch vor mir lag damals noch die Oberstufe des Gymnasiums. Für mich war klar, dass ich das Abitur auf jeden Fall beenden würde. In der 11. Klasse (2016/ 2017) sollten wir im Rahmen des Projektseminares unseren Berufswunsch vorstellen. Natürlich griff ich zum Berufsfeld Erzieher. Bei meinen Recherchen stieß ich wohl auf die Ablösung des Gedanken: „Würde ich wohl mein Abitur verschwenden, wenn ich Erzieherin werde?“ Ich fand heraus, dass der Modellversuch OptiPrax im September 2016 startete und, dass Bewerber mit Abitur die Erzieherausbildung in drei Jahren und mit Ausbildungsgehalt absolvieren können. Von da an war klar: Ich werde Erzieherin!
Denn was gibt es Schöneres seinen Traumberuf erlernen zu dürfen und Anerkennung für sein Abitur zu bekommen? – Für mich nichts! Bei mir hat das Kultusministerium in Bayern das erreicht, was es wollte: Andere Bewerbergruppen ansprechen.

Wahl der Schule und meine Ausbildungszeit

Noch während der Vorbereitung meiner Präsentation in der 11. Klasse, erkundigte ich mich nach Schulen, die die OptiPrax Variante 2 (für Schüler mit Fachabitur oder Abitur), anbieten würden. Dabei stieß ich auf die Fachakademie in der Zollhausstraße, die ich ab September 2018, in meinem dritten und letzten Ausbildungsjahr, besuchte. Beworben hatte ich mich recht spät, im Dezember 2017. Jedoch konnte ich in einem Bewerbungsgespräch mit unserer stellvertretenden Schulleiterin von mir überzeugen. Anschließend musste ich mich um einen Träger kümmern, der mich für drei Jahre aufnahm. Hier fand ich einen, bei dem ich die Möglichkeit hatte in den Bereichen Krippe, Kindergarten und Hort einen Einblick zu bekommen. Ich verbrachte dort drei sehr schöne und lehrende Ausbildungsjahre! Nachdem ich die Zusage des Trägers hatte, bekam ich den Schulplatz zugeschrieben und musste „nur“ noch mein Abitur schaffen. Mit Erhalt des Abiturs im Juni 2018 war es sicher: Ich wer-de Erzieherin!
Im September 2018 startete die Ausbildung. Nun stand ich nach drei Jahren kurz vor den Abschlussprüfungen und eines kann ich euch sagen: Auch wenn die dreijährige Ausbildung, dadurch dass sie verkürzt ist, nicht immer ganz einfach ist und ich immer schauen musste Schule, Arbeit und das Privatleben unter einen Hut zu bekommen, habe ich es in diesen drei Jahren kein einziges Mal bereut, diesen Weg, an dieser Schule, bei meinem Träger, gewählt zu haben.
An der Fachakademie wurde ich immer unterstützt und die Lehrer und auch die Schulleitung sind immer für einen da, wenn man sie braucht. In den Fächern wird meist möglichst praxisorientiert gearbeitet. Hierdurch haben wir in den letzten Jahren viel gelernt. Nun stehe ich, wie viele andere, gerade vor einem großen und bedeutendem Wendepunkt in meinem Leben. Ende August 2021 ist es soweit: Ich bin ausgelernte Erzieherin!

Das Experteninterview

Im Rahmen unseres Faches an der Fachakademie, Praxis- und Methodenlehre mit Ge-sprächsführung (PMG), stellten uns unsere zwei Lehrkräfte die Aufgabe:
„Für den praktischen Leistungsnachweis im Fach PMG ist es Ihre Aufgabe ein Interview mit einem/einer Expertin zu planen, vorzubereiten, durchzuführen und zu dokumentieren. Ziel des Interviews ist es, ein Arbeitsfeld für Erzieher*innen vorzustellen, das Sie bisher während Ihrer Ausbildung noch nicht praktisch kennengelernt haben, (…). Dafür befragen Sie einen/eine Expert*in.“
Als ich diesen Auftrag bekam, kreisten mir viele Fragen durch den Kopf: „Hilfe! Wie führt man denn ein Interview?“, „Welche Einrichtung nehme ich denn?“, „Wie geht das alles?“.
Doch ein paar Tage später hatte ich eine Idee.
In der letzten Zeit beschäftigte mich die Frage, wie es ab September weitergehen soll sehr und somit suchte ich nach Einrichtungen, die mich interessieren und dabei stieß ich auf die Aqua – Kita in Mögeldorf. Der ausschlaggebende Punkt, dass ich mir die Einrichtung einmal genauer anschaute, war der Name „Aqua – Kita“ und das Bild von einem Schwimmbad im Keller der Einrichtung. Dies freute mich sehr, da ich selbst Kindertrainerin bin und liebend gerne schwimme.
Mir schoss es durch den Kopf: „Cool! Vielleicht hat jemand aus der Aqua Kita Zeit und Lust mit mir ein Interview zu führen!“
Ich informierte mich also als erstes über die Internetseite, anschließend kontaktierte ich die Einrichtung, las die sich im Internet befindliche Konzeption durch, erstellte daraufhin mit den fehlenden, für mich wichtigen Fragen, den Interviewbogen und führte das Interview dann tatsächlich auch persönlich am 04.02.2021 und gleich mit der Einrichtungsleitung und der Geschäftsführung durch.
Ich entwarf und plante das Interview als strukturiertes Interview. Da wir uns auf Anhieb sehr gut verstanden und sofort ein Gespräch hatten, ließ ich mich „treiben“, hörte gespannt zu und stellte immer wieder ein paar geplante Fragen. Hauptsächlich fragte ich aber das, was sich aus dem Gespräch ergab und was mich interessierte. Somit wurde mein strukturiertes Interview zu einem semistrukturierten Interview. Ich entwickelte einen Leitfaden, jedoch habe ich nicht der Reihe nach die Fragen abgearbeitet, sondern aus Interesse gefragt und frei erzählen lassen. Zum Schluss stellte ich die Fragen, die mir noch fehlten und die ich als wichtig empfand. Dies fand ich als passend und habe es als eine schöne und angenehme Atmosphäre empfunden. Ich lernte viel daraus und ich entdeckte eine neue, sehr interessante Einrichtung für mich.
Die Vorstellung dieser Einrichtung, vor meiner Klasse, stellte für mich eine Win – Win Situation dar. Ich stelle eine neue Einrichtung vor, in der ich noch nicht gearbeitet habe und die auch nicht sehr verbreitet ist und gleichzeitig lerne ich die Einrichtung selbst kennen und weiß dann, ob ich mir vorstellen könnte dort zu arbeiten.
Für mich war das alles sehr aufregend, da ich noch nie ein Interview führte und auch noch nie eins erstellte. Ich wusste nicht worauf ich achten muss, wie viele Fragen es ungefähr sein sollten und wie ich überhaupt anfangen sollte. Aber zwei Dinge wusste ich ganz genau: Ich freute mich riesig auf die Möglichkeit, eine so tolle Einrichtung kennenzulernen und was ich von den beiden wissen wollte, wusste ich sowieso, da es mich sehr interessierte. Ich dachte mir: „Okay! Ich habe mich vorbereitet. Ich weiß was ich will und somit kann nichts mehr schief gehen!“
Und ich kann euch sagen, es ist auch nichts schief gegangen! Von Susanne und Gisela erhielt ich anschließend die Rückmeldung, dass ich es sehr gut gemacht habe und ich stolz auf mein erstes Interview sein kann.
Ich habe durch das Interview und dadurch, dass ich ein wirklich schönes und langes Gespräch mit Susanne und Gisela hatte, sehr viel über die Einrichtung herausfinden können. Ich stehe gerade vor einer großen Entscheidung, wie es im September weiter geht und somit konnte ich mich informieren. Ich konnte durch das Interview viel mehr erfahren, als wenn ich mich nur im Internet erkundigte.
Auch die Vorstellung in der Klasse war sehr angenehm, ich bekam positive Rückmeldung meiner Mitschüler und meiner PMG – Lehrkräfte. Diese Erfahrung, es durchführen zu können, das tolle Gespräch mit Susanne und Gisela und die Erinnerungen daran, werde ich so schnell nicht vergessen.
Wenn ihr mehr über mein Interview wissen wollt, dann findet ihr hier meinen Fragebogen und die Antworten von Susanne und Gisela.

Schlusswort

Anfang März bekam ich von Susanne eine E–Mail, ob ich mir vorstellen könnte, einen Beitrag, über mich und über das Interview, auf dem Aqua Kita Blog zu veröffentlichen. Ich war im ersten Moment überfordert, doch nach und nach war ich einfach überwältigt und mir ist gekommen: „Wow! Ist das eine große Anerkennung!“ Ich stimmte dieser großen Herausforderung zu.
Ich freue mich sehr, dass ich von Susanne und dem Team der Aqua Kita, die Möglichkeit bekomme, mit meiner Geschichte und dem Interview, ein Teil des Aqua – Kita Blogs zu werden! Ich habe hiermit die Chance bekommen, über eine sehr tolle Variante der Erzieherausbildung zu informieren, eine Schule zu erwähnen, deren Schulleitung und Lehrkräfte eine sehr gute Arbeit leisten und gleichzeitig über meine Erfahrungen in meinen jungen Jahren und über die Erfahrungen mit dem Experteninterview zu berichten!

Ein besonderes Dankeschön geht hiermit natürlich an Susanne und Gisela! Ihr habt mir in meinem letzten, besonderen Ausbildungsjahr, geholfen, viele weitere Erfahrungen machen zu können!

In diesem Sinne – vielen Dank! Julia

Was hat sich alles geändert?

Seit dem Interview ist nun schon ein Jahr vergangen und in dieser Zeit hat sich einiges geändert, sowohl für mich als auch in der Ausbildung.
Die Ausbildung „OptiPrax“ gibt es so in Bayern nun unter dem Namen „Pia“. Auch in den anderen Ausbildungswegen zum Erzieher hat sich seit meinem Ausbildungsstart 2018 einiges geändert. Wenn es euch interessiert, könnt ihr gerne die folgende Internetseite besuchen und euch informieren: Ausbildung im Erzieherberuf

Nun zu mir: Schon kurz nach dem Interview Anfang 2021, wurde ich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, in der Aqua – Kita im September als Erzieherin zu beginnen. Darüber freute ich mich natürlich riesig und unterschrieb somit ein paar Wochen später den Vertrag. Nun hieß es für mich nur noch: Abschlussprüfungen schreiben, die letzten Monate in meiner tollen Einrichtung genießen und im September, nachdem ich die Erzieherausbildung abschloss, in der Aqua – Kita mit viel Aufregung und Neugier zu beginnen.

Und nun bin ich hier. Eine glückliche Erzieherin und Teil des Krippenteams in der Aqua – Kita in Mögeldorf.
Eure Julia

Weshalb wir auf das Loben in der Kita weitestgehend verzichten

Ohne Lob durch den Kita Alltag – warum?

Manche Eltern mögen es, ihre Kinder zu ermutigen, ihnen Komplimente zu machen, ihnen Versprechen zu geben, wenn sie dieses oder jenes tun und sie zu loben. Sehr viele Erwachsene gehen davon aus, dass vor allem das Loben einem Kind gut tut. Aus unserer Sicht und aufgrund unserer Erfahrungen im Alltag mit Kindern betrachten wir das als Irrtum!

Loben kann schlicht und ergreifend abhängig machen und die Bedingungslosigkeit unserer Liebe für andere Menschen einschränken. Deshalb sollten wir lieber ermutigen, wertschätzen und unser gegenüber wahrnehmen.

Normalerweise gehen die Menschen davon aus, dass häufiges Loben für gute Leistungen oder für erfüllte Erwartungen, das Selbstvertrauen eines Menschen steigert und motiviert.

Erfolg und gute Leistungen oder ausgezeichnete Zensuren, sind jedoch nicht das Wichtigste. Wirklich bedeutend ist es stattdessen, sich selbst als besonders zu fühlen, so wie man ist, so wie man etwas geschafft hat. Wenn Ihr Euren Kindern beispielsweise ein Lob für eine bestimmte Handlung aussprecht, besteht der entscheidende Unterschied darin, ob Euer Kind nun das Gefühl bekommt, dass Ihr es liebt, für das was es tut, oder dafür wie es ist.

Zurecht wird jetzt die eine oder der andere von Euch sagen: “Moment, ich liebe mein Kind natürlich für das wie es ist.„ Das möchten wir auch gar nicht anzweifeln.

Ihr könnt ja gerne mal den Versuch wagen, Euer eigenes Verhalten Eurem Kind gegenüber zu beobachten. Vielleicht stellt Ihr dann auch fest, dass diese selbstverständliche bedingungslose Liebe, für Eure Kinder allerdings nicht immer eindeutig zu identifizieren ist. Auch wenn Ihr als Eltern von dieser Liebe wisst, werden Eure Kinder mit dieser Tatsache nicht geboren und brauchen daher immer wieder eine Art Rückversicherung.

Jetzt fragt Ihr Euch vielleicht: „Wie kann ich meinem Kind denn diese Gewissheit geben?“

Dafür braucht es drei wichtige Komponenten. Schenkt ihnen Eure liebevolle Zuwendung, berührt sie zärtlich und schenkt ihnen achtsame Worte.

Viele Erwachsene neigen stärker dazu, sich einem Kind besonders dann zuzuwenden, wenn beispielsweise ein neuer Entwicklungsschritt passierte und dann mit Worten wie: „Super, ganz toll, Du hast Pipi gemacht“, „ja ganz prima, fein gemacht, Du bist Laufrad gefahren.“ oder wenn außergewöhnliche Leistungen erbracht wurden: „Ganz stark, heute hast Du die anderen stehen lassen, Du warst 3 Sekunden schneller als beim letzten Sprint, da gibt’s heute ‘ne Sportlerlimo“ „In Mathe eine zwei? Wahnsinn, absolute Klasse, da erhöhen wir doch gleich mal dein Taschengeld für diesen Monat.“ Oder wenn sich Kinder unserer gesellschaftlichen Erwartungen entsprechend verhalten: „Ja prima, sehr schön gewunken.“ „Sag mal danke, super gemacht, ach bist Du süß!“ „Du bist so lieb, eine ganz brave warst Du heute.“

Gerade bei solchen Äußerungen, fühlen sich Kinder besonders gesehen und wahrgenommen. Sie bekommen eine hervorgehobene, besondere Anerkennung. Jedoch geht jedem Lob eine Handlung voraus und das kann im Laufe der Zeit dazu führen, dass Eure Kinder das Gefühl entwickeln, dass die elterliche Liebe nicht wirklich bedingungslos ist, sondern vielmehr der Eindruck entsteht, dass sie immer erst etwas besonders gut machen müssen oder hervorstechen müssen, um deutlich spürbare und wahrnehmbare Zuwendung von Euch zu bekommen. Dies führt dazu, dass im Unterbewusstsein eine Verknüpfung entsteht. „Wenn ich mich also so und so verhalte, wenn ich das sage oder mache, so wie es sich die Mama oder der Papa scheinbar wünschen, dann bekomme ich uneingeschränkte Aufmerksamkeit und positive Zuneigung.

Eure Kinder lernen dadurch, dass sie sich Zuneigung erst verdienen müssen und sie daher immer an eine Bedingung geknüpft ist. Noch mehr verstärkt wird dieser Lerneffekt, wenn die Zuneigung und die Aufmerksamkeit durch unerwünschtes Verhalten oder unerfüllte Ansprüche bewusst entzogen wurde. Macht ein Kind also beispielsweise in die Hose, was vorher häufiger am Stück mit dem Gang zur Toilette klappte und hochgelobt wurde, ist die elterliche Reaktion in der Regel nicht positiv oder verständnisvoll. Und schon gar nicht liebevoll. Was der Grund dafür war, weshalb es heute einmal nicht geklappt hat, wird selten hinterfragt. Ein Kind stellt ganz schnell eine Verbindung her.

Nämlich: „Durch erwünschtes Verhalten bekomme ich Lob, Freude, Aufmerksamkeit, Zuneigung, Belohnungen, Versprechungen. Durch unerwünschtes Verhalten werde ich bestraft, ich werde ignoriert, ich werde abgelehnt und werde getadelt.

Eine Beispielsituation bei der Bewertungen außen vor bleiben

Statt den Toilettengang als etwas gelungenes zu bewerten und das Geschäft welches in die Hose ging, als etwas schlechtes, wäre es Eurem Kind gegenüber wertschätzender, wenn Ihr beides annehmt, ohne eine Bewertung dabei mit einfließen zu lassen.

Ihr könntet bei der Begleitung des Toilettengangs auf die Signale oder Äußerungen Eures Kindes eingehen. In der Krippe äußerte ein Kind z.B. als es auf der Toilette saß: “Ich Kakka machen.” Dabei färbt sich sein Gesicht vor lauter Anstrengung rötlich und sein Blick wirkt angestrengt. Statt einem “ja prima” könntet ihr z.B. sagen: “Du scheinst gerade zu drücken, kann das sein? Dein Kopf färbt sich ganz rot und Du guckst recht angestrengt.“ Ihr begleitet dadurch verbal, was Ihr in diesem Moment wahrnehmt, jedoch ohne eine Bewertung einfließen zu lassen.

Jetzt stellt Euch noch eine andere Situation vor – Euer Kind kommt im gespreizten Gang auf Euch zu und äußert: ”Pipi Hose Papa.” “Nass”
Wenn das Geschäft wie im oben genannten Beispiel dann in der Hose, statt in der Toilette verrichtet wird, wäre es wunderbar, wenn Ihr Eure Gesichtsmuskeln unter Kontrolle bringt 🙂 Damit meinen wir z.B. kein Hochziehen Eurer Augenbrauen, das Zusammenpressen Eurer Lippen oder jegliche verbale Kommentare die in die Richtung “Na das ist aber nicht so schön” gehen.
Denn Fakt ist, das Euer Kind Euch damit nichts Böses möchte. Es will Euch damit nicht ärgern. Es ist schlichtweg ein Prozess, der Zeit benötigt.
Eine zuwendende Haltung nehmt Ihr in dem Moment ein, wenn Ihr Euch auf Augenhöhe Eures Kindes begebt und sagt: “Danke, dass Du zu mir gekommen bist und mir das gesagt hast. Was hältst Du davon, wenn wir zusammen ins Bad gehen. Ich kann Dir Deine nasse Kleidung ausziehen und dann schauen wir beide mal in Deinem Schrank, was Du frisches anziehen möchtest, hm?”

Leider ist es tatsächlich möglich das Verhalten eines Kindes zu lenken und zu beeinflussen. Kinder begreifen sehr schnell. Experten nennen ein solches Verhalten auch „Lernen durch Verstärkung“ und es ist eine Form der Konditionierung. Man könnte es auch Manipulation nennen.

Ein Lob zu bekommen, fühlt sich sicherlich mal gut an, Glückshormone wie Dopamin und Oxytocin werden ausgeschüttet und sorgen für Entspannung, Glücksgefühle und Lebensfreude. Allerdings darf man nicht vergessen, dass sie auch süchtig machen und somit sollte man das Lob wohlwollend dosieren und ehrlich statt manipulierend loben. Wie wertvoll ist ein Lob noch, wenn jemand davon 20-30 Stück am Tag bekommt? Wieviel Freude würde jemand dabei noch empfinden?

Und jetzt überlegt mal, wie viele Eurer Lobe wirklich reine Freude ausdrücken und wie viele Lobe mit der Absicht auf ein bestimmtes Verhalten gelenkt werden. Zählt doch mal wirklich pro Tag ganz bewusst wie oft Ihr lobt. Dazu gehören auch bereits Worte wie „super“ „toll“ „prima“ „spitze“ „klasse“ oder ein Applaudieren. Das sind auch kleine Lobe.

Wenn Ihr fertig seid mit dem Zählen, fragt Euch als nächstes, was der Hintergrund dafür gewesen ist. Wolltet Ihr Eure Freude teilen oder ein bestimmtes Verhalten verstärken?

Wenn Ihr Euch von Herzen mit Eurem Kind freut oder Stolz empfindet, dann dürft Ihr das auch zeigen. Ehrlich und authentisch. Echte Freude über neue Entwicklungsschritte und außergewöhnliche Leistungen sind absolut wichtig und berechtigt.

Beitrag von Nadja Simon