Hausaufgaben in Zeiten von Homeschooling

In Kontakt bleiben

Die Schulen und Kita’s wurden geschlossen und viele Eltern ins Homeoffice geschickt. Wir wollten in der Zeit der coronabedingten Schließung Kontakt halten, haben unsere Familien gefragt, wie es ihnen geht und für die Kinder persönliche Nachrichten geschickt.

Themen, die die Familien beschäftigen

Einige der Hauptthemen, die die Eltern beschäftigen, waren Langeweile, Spielen und die allseits beliebten Hausaufgaben. Denn alle Schulkinder haben für die Zeit der Schulschließung Aufgaben bekommen, die sie zu Hause erledigen sollen, damit sie keinen Lernstoff verpassen. Nur wie strukturiert man das eigene Homeoffice und motiviert sein Kind seine Aufgaben zu erledigen, schließlich kann man zu Hause so viele andere interessante Dinge machen.

Lassen sie sich nicht durch schlaue Sprüche von Außenstehenden verunsichern. Was bei deren Kindern geholfen hat, muss für ihr Kind noch lange nicht passen. Kinder sind Individuen und brauchen jedes für sich individuelle Lösungen. Sie als Eltern sind die Experten wenn es um ihr Kind geht. Sie kennen den bisherigen Entwicklungsweg, die Vorlieben und Schwächen.

Natürlich gibt es auch Kinder, die gerne Hausaufgaben machen und somit nicht groß motiviert werden müssen. Dieser Beitrag richtet sich eher an die erste Gruppe, die Kinder die einen kleinen Schubs brauchen.

Also was tun, wenn das Kind sich nicht motivieren lässt?

Im Internet findet man viele Berichte, Ratgeber und Videos von Eltern, in denen erzählt wird wie man Home Office und Home Schooling unter einen Hut bekommen soll. Hier ein paar ausgewählte Tipps in Orientierung an dem Buch „Stressfreie Grundschuljahre“ von Doris Heueck-Mauss (1). Dieses Buch findet ihr bald in der Elternbibliothek, sobald die Facharbeit zur partizipativen Hausaufgabengestaltung fertig ist. Die Autorin nennt einige Punkte, welche bei den Hausaufgaben beachtet werden sollen bzw. die Motivation steigern können.

Die richtige Zeit

Es gibt Kinder, die müssen früh loslegen, andere brauchen erst mal Zeit um im Tag anzukommen. Ist der Biorhythmus erkannt, sollte man überlegen wie er in den aktuellen Alltag aller zu Hause befindlichen Personen integriert werden kann. Dann sollte in Absprache mit dem Kind eine feste Zeit für die Aufgaben festgelegt werden, genauso wie die Dauer vereinbart werden sollte.
Weiterhin kann man einen Wochen- bzw. Stundenplan für die Familie erstellen, damit ein einigermaßen geregelter Alltag möglich ist. Eure Termine, Telefonkonferenzen o. ä. im Homeoffice sollten ebenfalls in diesen Wochenplan einfließen.

  • Bei 1.-2. KlässlerInnen werden maximal 30 Minuten täglich empfohlen; am besten eine Stoppuhr stellen, das regt das Kind dazu an, in der Zeit auch effektiv zu arbeiten und nicht zu trödeln
  • Bei 3.-4. KlässlerInnen dürfen es auch mal mehr als 30 Minuten sein, die 60 Minuten in der Regel aber nicht überschreiten (2)
  • Ist die Zeit abgelaufen, sollte das Kind spielen und sich, falls möglich, bewegen dürfen

Der richtige Platz

Es muss nicht der Schreibtisch im eigenen Zimmer sein. Gerade Schulanfänger brauchen noch den Kontakt zu den Eltern. Ein Platz am Küchentisch oder am Schreibtisch, wo die Eltern ihr Homeoffice leisten, kann oft der bessere Platz sein. Soweit möglich sollte der Arbeitsplatz übersichtlich gestaltet sein, das kann die Motivation für die Hausaufgaben steigern. Für viele Kinder braucht es die elterliche Nähe, aber niemanden der neben ihnen sitzt. Das wird manchmal auch als Druck oder Kontrolle empfunden.

Grundbedürfnisse haben Vorrang

Hunger, Durst und der Gang zur Toilette sollten vorher befriedigt werden. Gehört ihr Kind zu denen, die Hunger entwickeln, kaum dass sie mit den Aufgaben begonnen haben, stellen sie einen Teller mit klein geschnittenem Obst oder Gemüse in Reichweite der Arbeitsumgebung. Wasser könnte ebenfalls in Reichweite stehen.

Rituale erleichtern den Anfang

Kinder lieben Rituale, sie geben ihnen Sicherheit. Als Beispiel könnte immer 5 Minuten vor Beginn der Aufgaben zum Einstimmen ein bestimmtes Lied abgespielt werden. Die Essenszeit wird bei manchen Familien ja auch mit Hilfe eines Gongs angezeigt. Oder man legt eine Runde Kuscheln ein, bevor die Eltern mit dem Homeoffice starten und die Kinder ihre Aufgaben beginnen.

Das Gehirn einstimmen

Alle Bewegungen, die vor dem Körper über Kreuz ausgeführt werden, synchronisieren die beiden Gehirnhälften und unterstützen somit die Vernetzung.
Überkreuzbewegungen hinter dem Körper unterstützen die Konzentration und das Verknüpfen mit bereits gelerntem Wissen.
Der Schwerkraftgleiter unterstützt das Gleichgewicht zwischen Verstand und Gefühl. (3)

Mit einfachen, schnell lösbaren Aufgaben beginnen

Dadurch wird bereits früh ein erstes Erfolgserlebnis geschaffen und die Motivation auch den Rest hinzukriegen steigt.

Pausen einbauen

Nach ca. 30 Minuten eine Pause einlegen. Ein für das Kind überschaubares Zeitfenster erleichtert oftmals das anfangen.

Mit positiver Verstärkung arbeiten

Wenn die Hausaufgaben zu Machtkämpfen führen, ändern sie ihre Strategie und setzten positive Verstärker ein. Sie haben beobachtet, dass sich ihr Kind eine halbe Stunde angestrengt und geplagt hat, aber die Buchstaben sehen immer noch nicht so aus, wie sie es gerne hätten. Dann melden Sie ihrem Kind zurück, dass ihnen aufgefallen ist, wie sehr es sich bemüht und angestrengt hat.

Neue Situation zu Hause

Für die Kinder, besonders für die Jüngeren, ist es nicht ganz einfach zu verstehen, warum Mama und Papa zu Hause sind, aber trotzdem nicht dauerhaft als Spielpartner zur Verfügung stehen.

Wie bekommt man Homeoffice und Homeschooling und die Betreuung der kleineren unter einen Hut?

Das waren nun einige Tipps, die euch durch diese Zeit helfen sollen, die Kinder hoffentlich etwas mehr motivieren und euch entlasten können.

(1) Heueck-Mauss, Doris, Stressfreie Grundschuljahre, Humboldt Verlag, 2019, Hannover
(2) https://www.grundschulen.net/104-richtlinien-fur-hausaufgaben-zeit-und-umfang.html
(3) https://entfaltungsparadies.at/wp-content/uploads/Schwerkraftgleiter.pdf

Tiergestützte Pädagogik

Ein Ausflug auf den Reiterhof und was wir lernen durften

In der heutigen Zeit haben immer weniger Kinder einen direkten Kontakt zu Tieren und so freuten wir uns, in den Faschingsferien mit einigen Hortkindern einen nahe gelegenen privaten Reiterhof besuchen zu können. Manche hatten im Urlaub oder in ihrer Freizeit schon Kontakt und Umgang mit Pferden, andere waren das erste Mal auf einem Reiterhof.

Der Alltag an einem Hof

Die Kinder erhielten einen Einblick in die Hofarbeiten, durften den Lebensraum kennen und pflegen lernen und auch die Verhaltensweisen der Tiere beobachten. Außerdem war der Umgang, die Nachsorge und das Füttern eines Pferdes unser Thema. Den Kindern eröffnete sich in über viereinhalb Stunden ein weiterer Raum für das freie Spiel, für eigene Entdeckungen und Erfahrungen mit dem naturnahen Lebensraum.

Steigerung des Verantwortungsbewusstseins

Ein Kind aus der Gruppe war besonders bemüht die Stall- und Hofarbeit gewissenhaft zu erledigen. Das sonst eher stille, zurückhaltende Mädchen agierte auf dem Reiterhof auf einmal sehr bestimmt. Die Kontaktaufnahme zu den Hofbesitzern gelang ihr ganz leicht, während sie sich sonst eher introvertiert verhält. Sie gab erhaltene Informationen und Anweisungen an die anderen Kinder weiter und erledigte konsequent die ihr zugetragenen Aufgaben. Wurde ihr etwas Neues erklärt hörte sie konzentriert zu und spiegelte das neu erlangte Wissen danach in ihrem Tun. Das in seinem Bewegungsverhalten eher auffällige Mädchen spielte aktiv mit dem Hofhund, jedoch immer vorsichtig und das Verhalten des Tiers beobachtend.

Nach der Hofarbeit und der Mittagspause begann eine Kleingruppe mit der Pferdepflege. Eines der älteren Kinder putzte das Pferd mit starken Bewegungen am Hals. Das Mädchen kam zu der Pflegesituation hinzu, beobachtete Kind und Pferd während des Striegelns und nach kurzer Zeit sagte sie laut und deutlich zu dem wesentlich älteren Kind: „Hör auf so arg zu putzen! Das Pferd mag das nicht!“ Das Pferd schlug minimal mit nach hinten gedrehten Ohren mit dem Kopf. Daraufhin wurde das ältere Kind in seinen Bewegungen sanfter. Das Pferd klappte die Ohren nach vorne und senkte zufrieden den Kopf.

Stärkung des Selbstwertgefühls

In den Tagen nach dem Ausflug viel auf, dass besagtes Mädchen auch im Hort Alltag wesentlich selbstbewusster agierte und lauter und deutlicher sprach, als zuvor. Die Eltern meldeten zurück, dass ihr Kind auch zuhause noch oft von dem Ausflug erzählte und sie hofften, dass ein solcher Besuch erneut stattfinden kann.

Das Mädchen hatte zuvor nur Erfahrung im Umgang mit Kleintieren. Die Verhaltensweisen von Hunden und Pferden war völlig neu für sie. Es stellte sich auf diesem Ausflug heraus, dass sie sehr empathisch und einfühlsam mit den Lebewesen aus ihrer Umwelt umgeht. Den Gemütszustand der Tiere anhand ihres Verhaltens deuten und schnell eine Beziehung zu ihnen aufbauen kann. Die positiv geprägte Interaktion mit den Tieren war nicht nur nach außen deutlich zu sehen, sondern auch spürbar für das Kind, wodurch sie seelisch gewachsen ist und ihr Selbstwertgefühl und ihr Selbstbewusstsein gestärkt wurden. Das wiederum hatte positive Auswirkungen auf das Verhalten des Mädchens in ihrem Alltag.

Fazit

Ein schönes Beispiel für positive Effekte der tiergestützten Pädagogik auf das Verhalten von Kindern durch die Zusammenarbeit mit Tieren. Auch für die Zusammenarbeit mit den Eltern, die uns unterstützt haben, möchten wir uns an dieser Stelle bedanken…

Bewegungsentwicklung

Wie man Pikler Elemente in der Krippe nutzen kann

Die freie Bewegungsentwicklung ist das A und O für eine autonome, selbstbestimmte und sichere Abfolge von einzelnen Bewegungsabläufen. Durch das ständige Wiederholen und Üben werden sie verinnerlicht und abgespeichert. Erst wenn ein Kind eine bestimmte Abfolge inne hat, kann es sich neuen Abläufen widmen. Durch den voran gegangenen Prozess sind Sicherheiten und Routinen entstanden, die dem Kind eine gewisse Entspannung in neuen Bewegungsabläufen ermöglichen.

Um dem Kind ein solches Lernen zu ermöglichen, braucht es Erwachsene in seiner Umgebung, die dem Kind die notwendige Zeit lassen seine Umgebung in seinem Rhythmus und auf seine eigene Art kennen zu lernen. Zu diesem Prozess gehört auch, dass es Misserfolge erleben darf oder zugelassen wird, dass es von Erhöhungen herunter fällt. Das sind wichtige Lernprozesse die durchlebt werden müssen und für die Zukunft Sicherheit und emotionale Stabilität schaffen.

Die freie Bewegungsentwicklung aktiviert darüber hinaus den Bereich im Gehirn, welcher für die Sprachentwicklung zuständig ist. Damit wollen wir nicht andeuten, dass ein Kind schneller sprechen lernt umso mehr es sich bewegt. Ein Kind, dass sich viel bewegt, erlebt viel und hat anschließend das Bedürfnis das Erlebte durch Sprache auszudrücken. Kinder, die sich wenig bewegen oder eingeschränkte Bewegungsmöglichkeiten haben, haben weniger Möglichkeiten durch Bewegung Spannungen abzubauen und seltener das Bedürfnis ihr Tun durch Worte auszudrücken.

Konnten wir zum Kind eine stabile Beziehung aufbauen und sind durch Beobachtung in der Lage seine Ressourcen einzuschätzen, bekommen die Kinder in der Krippe die Möglichkeit mit unterschiedlichen Höhen zu experimentieren. Das Fallen gehört zum Entdecken unterschiedlicher Höhen dazu. Auch das Spüren von Frust oder den eigenen Erfolg gehört dazu, sowie das Aufstehen und ggf. einen neuen Versuch zu wagen.

Wir nutzen verschiedene Pikler Materialien um für die Kinder einen Parcours bzw. eine Bewegungsbaustelle zu generieren. Um bei aller Bewegungsfreiheit auch einen sicheren Rahmen gewährleisten zu können, begleiten wir die Kinder anfangs engmaschiger und etablieren während dessen ein paar wichtige Regeln bei der Nutzung. Dazu gehört beispielsweise sich gegenseitig den nötigen Platz so wie die Zeit zu lassen die jeder einzelne braucht um in seinem Rhythmus sich so weit bewegen zu können wie man es schafft oder wie es sich jeder einzelne traut. Auch eine wichtige Regel lautet, von einer Ebene herunter zu springen ist erst dann möglich, wenn kein anderes Kind darunter ist oder kein sperriger Gegenstand am Boden liegt.

Grundsätzlich ist es sinnvoll, wenn beide Hände frei sind, um sich beim Fallen besser abfangen zu können. Allerdings trauen wir anhand der Kompetenzen von manchen Kindern diesen in Einzelfällen zu, mit einem Gegenstand in der Hand zu klettern.

Haben die Kinder im Spiel die Idee für eine Veränderung, können die älteren Kinder uns das mitteilen und wir „gestalten und bauen“ um. Bei jedem Bewegungsablauf hat der Erwachsenen eine entscheidende Rolle. In unserer Krippe nehmen wir Kinder weder an die Hand, noch zeigen wir ihnen auf, welche Schritte sie gehen können um an ihr Ziel zu gelangen. Wir heben Kinder bei Unsicherheit von einer Anhöhe ganz herunter, damit sie von vorne beginnen können, sofern sie das möchten.

Einige Erwachsene tendieren gerne dazu, den Kindern den Weg nach untern zu zeigen. Wir PädagogInnen tun dies nicht, denn es könnte passieren, dass wir das Kind ungewollt verunsichern oder überfordern. Vor allem wäre es dann nichts, was das Kind aus eigener Kraft heraus geschafft hätte und dadurch kann es auch nicht verinnerlicht werden.

Bringt die oben erwähnte Hilfestellung des Erwachsenen aus dessen Sicht das Kind zum „Erfolg“ ist dies leider ein Missverständnis. Denn in diesem Fall handelt es sich um ein Nachmachen oder Auswendiglernen und diese Art von Lernen, vergisst man schnell wieder. Das kennen die meisten aus der Schule 🙂

Wie Kinder lernen

Wie lernen Kinder und was brauchen sie von uns Erwachsenen?

  • Soziale Eingebundenheit
    Enge Zwischenmenschliche Bindungen und gute Beziehungen
  • Autonomieerleben
    Freie Bestimmung und Steuerung des eigenen Handelns
    Selbstbestimmte Interaktion mit der Umwelt
  • Kompetenzerleben
    Aufgaben aus eigener Kraft und durch eine effektive Interaktion mit der Umwelt zu bewältigen

Wie Kinder lernen und was Remo H. Largo dazu meint:

  • Nur wenn sich ein Kind körperlich wohl fühlt, kann es sich seinen Möglichkeiten entsprechend entwickeln.
  • Das Kind hat einen angeborenen Drang, seine soziale und seine materielle Umwelt begreifen zu wollen. Die treibenden Kräfte der Entwicklung sind Neugier und Eigenaktivität.
  • In jeder Entwicklungsperiode reifen bestimmte Fähigkeiten heran, die sich das Kind durch konkrete Erfahrungen aneignet.
  • Interessen und Eigenaktivität sind in jedem Alter entwicklungs-spezifisch: Das Kind sucht sich aus der Vielzahl möglicher Erfahrungen diejenigen heraus, die seinem Entwicklungsstand entsprechen.
  • Der Sinn des kindlichen Lernens liegt nicht im Endprodukt, sondern im Lernprozess selbst. Umwege, Fehlschläge und Enttäuschungen gehören ebenso zur Lernerfahrung wie das Gelingen.
  • Sinnvolles Lernen zeichnet sich durch Eigenkontrolle und Selbstbestimmung aus.
  • Fähigkeiten können durch Üben nicht hervorgerufen, sondern nur verinnerlicht und Differenziert werden. Üben besteht nicht aus stereotypen Wiederholungen, sondern in einem Anpassen der neu erworbenen Fähigkeiten an unterschiedliche äußere Bedingungen, sowie in der Integration in vorhandene Fähigkeiten.
  • Die Aufgaben der Eltern und der Bezugspersonen sind: Die Umwelt für das Kind so zu gestalten, dass es entwicklungs-spezifische Erfahrungen machen kann; dem Kind ein Vorbild sein; das Kind in denjenigen Bereichen zu unterrichten, für die es Interesse zeigt.

Wie Kinder lernen und was der Erziehungswissenschaftler Gerd Schäfer dazu meint:

  • Das Kind möchte mit allen Sinnen die Welt entdecken und braucht Menschen dazu, die ihm Resonanz geben, die es so annehmen wie es ist (Erfahrungslernen).
  • Kinder sollen schöpferisch und weitestgehend selbstbestimmt lernen können.

Wie Kinder lernen und was Gerald Hüther, Neurobiologe dazu meint:

Das Kind kommt mit zwei wichtigen Erfahrungen zur Welt:

  • Der unendlichen Verbundenheit mit einem Menschen – der Mutter und der Möglichkeit sich dabei zu entwickeln.
  • Man muss einen Sinn darin sehen etwas zu lernen, ohne Motivation passiert im Gehirn gar nichts

Im Alltag des Lernens bedeutet das Konkret:

  • Gute Beobachtung
    Ressourcenorientierter Blick
    Akzeptanz von Individualität und Vielfalt
  • Lernanregende Umwelt
  • Resonanz durch Interesse und Beziehung
    nicht durch Lob und Tadel
  • Unsere Neugierde
    Unser Interesse an ihren Gedanken und Ideen
    (Auf eine Frage kommt keine Antwort sondern eine Frage)

Welche Kompetenzen der Erwachsenen braucht es dazu:

  • Fähigkeit zu improvisieren
  • Soziale Phantasie
  • Ambiguitätstoleranz
  • Intuition
  • Innehalten
  • Erfahrungslernen

Was für Erinnerungen haben wir an unser eigenes Lernen?

  • Wenn ich mich erinnere, in welchen Situationen habe ich etwas gelernt, was ich heute noch weiß?
  • Was haben „gute“ Lernerfahrungen gemeinsam und gibt es Gemeinsamkeiten bei „schlechten“ Lernerfahrungen?
  • Haben mein Interesse, meine Lust darauf oder meine Freude daran die Erfahrung beeinflusst?
  • Hat mich die Sinnhaftigkeit, die Persönlichkeit des Lehrenden oder einfach nur der Stolz beim Gelingen beeinflusst ?

Wie setzen wir das in der Aqua Kita um?

Viele Jahre der Beobachtung und Forschung bestätigen uns in unserem Bemühen als Erzieher weg von der Rolle des Animateurs hin zur Rolle des Begleiters beim Entdecken der Welt. Die Frage, wie kann ich das Kind unterstützen, dass es sein Vorhaben selbst durchführen kann hat eine höhere Priorität als etwas für das Kind zu tun und somit ist unser Bestreben die Situationen nicht nur lernanregend zu gestalten, sondern für die Kinder darin auch die Möglichkeit zu schaffen ihre sich selbst gestellten Aufgaben selbst erledigen zu können.

Bei unserem Themenabend hat Christiane Steine von der SOKE Ideen für positives Lernen vermittelt…

Mathematik spielen

Verständnis von mehr und weniger

Die Kinder der Krippe haben sich intensiv mit dem stapeln und sortieren von bunten Ringen beschäftigt. Sie haben ausprobiert, wie hoch ein Ring -Turm werden kann bevor er kippt, haben die Ringe nach Farben gestapelt und nachgesehen, welcher Turm in welcher Farbe am höchsten ist … einfarbige, zweifarbige und bunte Türme wurde gebaut!

Was für uns wie bloßer Spaß aussieht bedeutet für die Kinder das Erlernen von erstem mathematischem Denken – Strukturen und Gesetzmäßigkeiten erkennen und Dinge miteinander in Beziehung setzen sowie Mengenunterschiede grob abschätzen können. Das ist eine wichtige Voraussetzung für das Verständnis der Begriffe „mehr“ und „weniger“ und stellt die Grundlage für das spätere Rechnen dar.

Das abstrahierende und folgernde Denken entwickelt sich auf der Grundlage kognitiver Fähigkeiten, Eigenschaften von Objekten zu unterscheiden. Dieses Denken zeigt sich in der Begeisterung, mit der Kinder Dinge nach ihren verschiedenen Eigenschaften sammeln, sortieren und vergleichen.

Jedes Kind verfolgt sein eigenes Ordnungssystem, das sich an sehr unterschiedlichen Kriterien orientieren kann: Verwendungszweck, Formen (rund, eckig, gerade), Farben (von bunt nach grau) oder auch Gefühlen (von lustig nach langweilig).

Nach welchen Kriterien ordnet euer Kind?

Autonome Entwicklung

Wie gelingt es, dass sich Kinder im eigenen Rhythmus und mit den in ihnen angelegten Ressourcen möglichst frei entfalten können?

Viele Fragen die wir beim letzten Elternabend in die Runde bekamen werden in dem Artikel von Renate Delpin („Mit Kindern wachsen“, Januar 2011) leicht verständlich erklärt.

ENTWICKLUNG BRAUCHT ZEIT

Entwicklung lässt sich nicht beschleunigen, nicht erzwingen, zumindest nicht ohne dabei die Selbstwirksamkeit des Kindes einzuschränken oder zu behindern. Selbstwirksamkeit aber, die Erfahrung, mit den im Augenblick vorhandenen, eigenen Möglichkeiten zu handeln, zu gestalten, etwas umsetzen zu können, ist wesentlich, um im Einklang mit sich und mit den anderen zu sein und ein Gefühl der Sinnhaftigkeit zu erleben. Es gibt den bekannten und stimmigen Vergleich mit dem Wachstum der Pflanzen. An ihnen zu ziehen, um sie schneller zur Reife zu bringen, ist fatal.

ENTWICKLUNGSBEGLEITUNG DURCH ERWACHSENE

Emmi Pikler und Arno Stern haben in ihren Forschungen und in ihrer Arbeit, ihrem Leben mit Kindern, sehr genau wahrgenommen, in welcher Weise eine autonome Entwicklung stattfinden kann und welche Begleitung Kinder von Erwachsenen brauchen. Ihre Beobachtungen sollen deshalb hier beschrieben und zitiert werden.

Emmi Pikler beschäftigte sich vor allem mit der Bewegungsentwicklung im Säuglings-und Kleinkindalter und stellte fest, dass jeder Säugling über ein angeborenes Entfaltungspotential verfügt, das mit kleinen zeitlichen Ab­weichungen bei allen Kindern sehr ähnlich verläuft. In der Bewegungsentwicklung bedeutet das unter anderem, dass der Säugling vom Liegen auf dem Rücken über das Liegen auf dem Bauch und das Krabbeln zum Stehen kommt. Diese Ent-wicklung entwächst ihm gleichermaßen, ohne dass eine Unterstützung von außen notwendig wäre. Vielmehr verhält es sich so, dass „Hilfe“ diesen Prozess stört. Das Gefühl, autonom etwas erreicht zu haben, etwa das freie Stehen oder Sitzen, kann nicht ausreichend erlebt werden, wenn dabei „nachgeholfen“ wird, indem Kinder beispielsweise im Kindersessel, mit Polstern unterstützt, aufgesetzt werden oder wenn sie an der Hand hochgezogen und geführt werden. Solch ein Verhalten bewirkt im Erleben des Kindes auch eine zunehmende Abhängigkeit, die sich mehr und mehr verstärkt, wenn jegliche Hindernisse (etwa ein weiter weg liegendes Spielzeug oder ein am Boden liegender Baum­stamm) mit Hilfe der Erwachsenen überwunden werden.

LERNEN LERNEN

,,Dieser Prozess des Lernens spielt eine sehr wichtige Rol­le im ganzen späteren Leben des Menschen. Durch diese Art der Entwicklung gelangt der Säugling selbständig, mit geduldiger, ausdauernder Arbeit, mit Sammlung seiner ganzen Aufmerksamkeit zu seinem Können. Er erlernt also im Lauf seiner Bewegungsentwicklung nicht nur, sich auf den Bauch zu drehen, nicht nur das Rollen, Kriechen, Sitzen, Stehen und Gehen, sondern er lernt auch das Lernen. Er lernt, sich selbständig mit etwas zu beschäftigen, an etwas Interesse zu finden, zu probieren, zu experimentieren. Er lernt, Schwierigkeiten zu überwinden. Er lernt die Freude und die Zufriedenheit kennen, die der Erfolg – das Resultat seiner geduldigen, selbständigen Ausdauer – für ihn bedeutet.“ (Emmi Pikier)

IM MITTELPUNKT STEHEN

Auch ein ständiges In-den-Mittelpunkt-Stellen des Kindes und seiner gerade eben erworbenen Fähigkeiten behindert nicht nur die autonome Entfaltung. Das Kind verliert desgleichen seine Natürlichkeit und beginnt, sich am Beifall der anderen zu orientieren. Das Kind entfernt sich zunehmend von seinen eigenen Impulsen und Bedürfnissen hin zu denen der anderen.

WIR VERÄNDERN DEN FOCUS

,,Wir hindern das Kind, wenn wir es ermuntern, anspornen, auffordern, gewisse Bewegungen vorzuführen. Wenn wir seine einzelnen ‚Leistungen‘ vor ihm übertrieben anerkennen. ( . .) Die Aufmerksamkeit des Kindes wird abgelenkt von den Versuchen, von dem Experimentieren mit Bewegungen und wird stattdessen darauf gerichtet, dass das, was es macht, Publikumswirkung hat. ( . .) Das Kind wird auf diese Weise nicht das üben, was seiner Entwicklung, seinem jeweiligen Zustand entspricht, nicht das, was es selbst erfreut, sondern das, wovon es annimmt, dass es dem Erwachsenen gefällt.“ (Emmi Pikier)

DAS KIND BESPIELEN

Durch diesen geringer werdenden Kontakt zu sich selbst wird in weiterer Folge auch das freie Spiel schwie­riger oder unmöglich, vor allem dann, wenn das Kind zusätzlich häufig „bespielt“, ,,amüsiert“ und/oder mit Spielzeug überhäuft wurde. Normalerweise spielt ein Kind, auch schon der Säug­ling, über lange Zeiten mit allen möglichen einfachen Gegenständen, die gerade um es sind und widmet ihnen seine volle Aufmerksamkeit. Ebenso vertieft es sich über Monate und Jahre immer wieder in seine eigenen Bewegungen und Bewegungsmöglichkeiten. Dieses zufriedene Mit-sich-im-Einklang-Stehen wird jedoch gestört, wenn dem Kind, ohne auf seine momentane Befindlichkeit und sein Tun zu achten, ständig neue Eindrücke aufgedrängt werden, wenn es immer wieder umringt ist von über ihn hinweg sprechenden, auf es einredenden, es in den Mittelpunkt stellenden Erwachsenen.

INNERE ABKEHR

„Höchst bezeichnend für einen solchen Säugling ist, dass er mit der Zeit immer quengeliger wird, an den Erwachsenen krankhaft klebt. Nur die Erwachsenen interessieren ihn, aber auch nur insofern sie um ihn herum sind, von ihm reden, sich mit ihm beschäftigen. All dies löst beim Kind aber keine gleichmäßige, harmonische, dauernde, ruhige Freude und Zufriedenheit aus, vielmehr Unruhe, aufregenden Genuss. ( . .) Unausweichlich werden diese Eltern des Kindes überdrüssig, schon darum, weil das Kind – infolge des Benehmens der Eltern – gelangweilt, grantig, anmaßend geworden ist. ( . .) Es verliert die Natürlichkeit, die unbewusste Anmut. “ (Emmi Pikier)

BEOBACHTEN WAS STIMMIG IST

Wenn es also darum geht, die Entfaltung und das Wohlbefinden des Kindes zu ermöglichen, so muss der Erwachsene auf das achten, was dem Kind wirklich entspricht, beobachtend, wann es in eine Tätigkeit vertieft ist und keine Unterhaltung braucht und welche Art des Miteinanders stimmig ist. Und in den Momenten des Kontaktes, etwa bei Pflegesituationen, beim Stillen oder Füttern, ist es wesentlich, dass die Bezugsperson mit ihrer ganzen Aufmerksamkeit beim Kind ist, so dass ein authentischer Austausch entsteht. Dann kann sich das Kind, emotional „gesättigt“ und zufrieden, wieder seinem Spiel zuwenden.

ES BRAUCHT KEINE SHOW

,,Wir müssen das Kind nicht ‚immerfort unterhalten‘, ‚umtanzen‘, mit ,kindischem‘ Lispeln, mit schwärmerischem Entzücken überhäufen. Wir müssen unsere Kinder unsere Liebe fühlen lassen, indem wir sie gut versorgen. “ (Emmi Pikier)

KEINE BELEHRUNGEN

Diese wachsame Präsenz des Erwachsenen ist auch in der Kreativitätsentwicklung von Bedeutung. Das Kind verfügt über ein natürliches, angeborenes Potential, wie Arno Stern in seinen Forschungen erkannte, Prozesse, die bei allen Kindern in ähnlicher Weise geschehen.

Um dieser Beobachtung auf den Grund zu gehen, bereiste er verschiedenste Länder und Kulturkreise und stellte fest, dass überall gleiche Bildelemente zu sehen waren. Diese bei allen Kindern vorkommenden Komponenten nannte er Formulation.

Diese natürliche Entfaltung eines eigenen, differenzierten, mit der Selbstwirksamkeit des Kindes im Einklang stehenden Ausdrucks vollzieht sich aber nur dann, wenn es keine Belehrung gibt, kein Hineindrängen in Entwicklungsschritte, bei denen das Kind noch nicht angelangt ist.

Wenn das Kind seine ersten Kreise zu ziehen beginnt und später, wenn es seine inneren Welten auf Papier gestaltet, stehen das Bewundern und Staunen – und mehr noch das Verbessern, das Anleiten und Interpretieren (,,Du hast eine Sonne gemalt“ usw.) – seiner Kreativität im Wege.

Vielmehr geht es darum, als aufmerksamer Erwachsener dabei zu sein und dem Kind anzubieten (Papier, Stifte, Farben), was es für seine Gestaltungen braucht und auch, so wie es im Malort geschieht, darauf zu achten, dass die/der Malende „im Fluss“ bleiben kann, indem der Malortleiter herabrinnende Tropfen entfernt, die Reißnägel, mit denen das Papier befestigt ist, immer wieder versetzt, Farben nachfüllt, die Ordnung der Pinsel kontrolliert und die Klarheit der vorbereiteten Umgebung im Gesamten aufrechterhält.

So kann eine freie Spur entstehen, die fließt und in keinerlei Abhängigkeit von einem Betrachter hervorgebracht wird, denn das Wesentliche des Malortes liegt vor allem auch darin, dass die Kinder, aber auch malende Erwachsene, keinen Belehrungen und Kommentaren ausgesetzt sind. Andernfalls kann es zu Blockierungen, Verunsicherungen, zu einer Ausdrucksverarmung führen oder auch dazu, dass gar keine Kreativität mehr stattfindet.

,,Die reine Äußerung wird zu einem zweifelhaften Ergebnis verdorben. Das Kind erlebt nicht mehr ein Spiel, es spekuliert auf Erfolg. Was dabei verloren geht, ist unermesslich.“ (Arno Stern)

UNBEEINFLUSSTE SCHÖPFERISCHE PROZESSE

Erkennbar ist dies unter anderem daran, dass Kinder fragen: ,,Was soll ich malen? Ist das richtig so? Wie malt man dies oder jenes?“ Da beim Malen und Zeichen ähnliche innere Prozesse stattfinden wie beim Spielen, fragen Kinder normalerwei­se nicht danach, ob etwas richtig oder falsch sei, genauso wie sie im Rollenspiel nicht danach fragen würden, ob sie diese oder jene Figur „richtig“ gespielt haben. Wird die natürliche, unbeeinflusste Äußerung ermög­licht, dann stehen Können und Wollen im Einklang, der Zugang zum eigenen schöpferischen Prozess ist nicht un­terbrochen und das Kind kann das Malspiel erleben. Es breitet seine Welt mit den in ihm angelegten Requisiten auf dem Blatt aus – es gestaltet und entfaltet das Eigene.

,,Im Raum des Blattes entwachsen der Gebärde des Kindes Gebilde, die seine Geschöpfe sind. Das Kind ist mit jedem verbunden, so als seien sie lebendige Teile seines We­sens. Was sich im Raum des Blattes abspielt, geschieht in Wirklichkeit im Wesen des Kindes.“ (Arno Stern)

Das Malen als „Malspiel“ erleben zu können und sich frei von den Erwartungen anderer entwickeln zu dürfen bedeutet, sich selbst im eigenen Rhythmus aufzubauen. Es wird auf diese Weise ein innerer Schatz angelegt, der als lebendige Ressource erhalten und verfügbar bleibt.

Sowohl Emmi Pikler als auch Arno Stern haben in ihrer jahrelangen Begleitung von Kindern, wenn auch in unterschiedlichen Bereichen, etwas sehr Wesentliches erleben und erfahren können: Kinder brauchen uns Erwachsene nicht als jemanden, der ihre Entwicklung vorantreibt, sondern als Menschen, die darauf vertrauen, dass sie sich aus sich selbst heraus entfalten können.

Literaturhinweise:
Emmi Pikler: Friedliche Babys – zufriedene Mütter (Herder spektrum)
Emmi Pikier u. a.: Miteinander vertraut werden (Arbor Verlag)
Arno Stern: Das Malspiel und die natürliche Spur (Drachen Verlag)
Arno Stern: Der Malort (Daimon Verlag)

Videobeitrag:
Formulation und Spur, Arno Stern